Neue Ideen, alter Einfluss

Warum Nachfolge oft an Strukturen scheitert

Nachfolge gelingt dort, wo klare Rollen, echte Verantwortung und moderne Strukturen den Weg frei machen, anstatt dass alte Machtmuster neue Ideen ausbremsen. Erst wenn Einfluss sichtbar, Zuständigkeit geklärt und Gestaltung möglich ist, kann eine neue Führungsgeneration wirklich wirksam werden.

    Eine kompetente Nachfolgegeneration braucht Klarheit, Vertrauen und Gestaltungsspielraum

    Sie will gestalten, sie kann gestalten – doch man lässt sie nicht. Die neue Kollegin ist smart, engagiert und bereits nach drei Monaten im Unternehmen spürbar frustriert. Mehrfach hat sie Ideen eingebracht, um die Zusammenarbeit agiler und kollaborativer zu gestalten. Doch jedes Mal stößt sie auf dieselben Antworten: „Dafür sind wir noch nicht bereit“ oder „Das war schon immer Chefsache“. Besonders irritierend ist, dass eine langjährige Mitarbeiterin, ohne offizielle Führungsrolle, informell mehr Einfluss hat als die meisten Mitarbeitenden. Sie zieht im Hintergrund die Fäden und übersteuert jede noch so durchdachte Strategie.

    Solche inoffiziellen Machtgefüge und unklare Zuständigkeiten sind in vielen Unternehmen Alltag. Sie bremsen nicht nur Innovation, sondern verhindern auch, dass Verantwortung dort übernommen wird, wo frische Perspektiven und Können längst vorhanden sind. Wo Rollen unklar sind und Veränderung an Befindlichkeiten scheitert, kann sich keine neue Führungsgeneration entfalten.

    Strukturen, die Nachfolge und Effizienz zugleich behindern

    Häufig liegt die Herausforderung nicht in fehlender Motivation oder mangelndem Können, sondern in veralteten Strukturen, die Wandel blockieren. Denn es sind nicht nur einzelne Abläufe, die ins Stocken geraten. Vielmehr hängt der Erfolg von einem komplexen Zusammenspiel organisatorischer, informeller und kultureller Faktoren ab, die gemeinsam Wandel ermöglichen oder blockieren:

    1. Organisatorische Strukturen

    Erfolg wird gehemmt, wenn eine klare Rollenverteilung fehlt. Wer übernimmt welche Aufgabe und wer darf Entscheidungen treffen? Fehlt eine eindeutige Regelung, so entstehen Verwirrung, Verzögerungen oder - im schlimmsten Fall - Stillstand.

    Statt klar zu regeln, wer was tut, wofür er oder sie verantwortlich ist, und welche Entscheidungsspielräume bestehen, wird nach Gewohnheit oder spontanem Bedarf gearbeitet. Das führt zu Unsicherheit, Doppelarbeit oder Aufgaben, die schlicht liegen bleiben. Manche Hierarchieebenen bestehen nur formal, ohne mit echten Befugnissen ausgestattet zu sein.

    Ein bewährter Ansatz, um hier mehr Struktur zu schaffen, ist das sogenannte AKV-Prinzip. Es stellt sicher, dass Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung in einem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen. Wer eine Aufgabe übernimmt, braucht auch die nötige Entscheidungsbefugnis und die Verantwortung für das Ergebnis. Wenn dieses Zusammenspiel nicht passt, entstehen Reibungsverluste, Frust oder Fehler. Besonders in Zeiten knapper Ressourcen kann sich das ein Unternehmen kaum leisten.

    2. Informelle Strukturen

    Neben den formalen Strukturen sind es oft die informellen Regeln und Gewohnheiten, die den Wandel ausbremsen. Menschen erledigen häufig Aufgaben quer durch alle Bereiche. Nicht weil es strategisch sinnvoll wäre, sondern aus Routine. Entscheidungswege verlaufen nicht entlang klarer Zuständigkeiten, sondern orientieren sich an persönlicher Nähe zur Geschäftsführung, an Seniorität oder informeller Macht. Viele Prozesse folgen eher alten Gewohnheiten als einer durchdachten Logik. Anstatt sie zu hinterfragen, setzen Mitarbeitende sie routiniert fort, ohne zu prüfen, ob die Prozesse noch zeitgemäß sind.

    Auf den ersten Blick wirken diese informellen Strukturen vertraut und eingespielt. Tatsächlich blockieren sie Veränderung und Fortschritt.

    3. Kulturelle Strukturen

    Hinter jeder Organisation wirkt eine eigene Kultur: unausgesprochene Regeln, Überzeugungen und Haltungen, die bestimmen, wie miteinander gearbeitet, geführt und entschieden wird.

    In vielen Unternehmen ist diese Kultur von Zurückhaltung geprägt. Kritik und Konflikte werden gemieden, neue Ideen stoßen schnell auf Skepsis. Veränderung wird nicht als Chance, sondern als Risiko empfunden.

    Gerade neue Mitarbeitende spüren diesen kulturellen Subtext oft besonders deutlich: Sie erleben, dass offenes Feedback nicht willkommen ist, und beginnen, sich anzupassen oder zurückzuziehen. Gleichzeitig fühlen sich langjährige Kolleginnen und Kollegen durch Veränderungsimpulse persönlich in Frage gestellt, weil es an einem sicheren Rahmen fehlt, um Neues angstfrei zuzulassen.

    Kultur entscheidet nicht nur, was gesagt wird, sondern ob überhaupt gesprochen wird. Sie beeinflusst, ob Verantwortung übernommen oder abgewehrt wird, ob Zusammenarbeit geprägt ist von Vertrauen oder Kontrolle. Und sie wirkt oft stärker als jede formale Regel.

    Eine zukunftsfähige Unternehmenskultur entsteht dort, wo Offenheit gefördert, Feedback selbstverständlich und Veränderung als gemeinsames Lernen verstanden wird. Erst wenn dieser Rahmen steht, können Strukturen wirklich greifen.

    Rollen und Prozesse als Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit

    In vielen kleinen und mittleren Unternehmen spitzt sich die Lage durch steigende Kosten und Fachkräftemangel weiter zu. Neueinstellungen sind häufig nicht möglich. Doch auch ohne zusätzliches Personal lassen sich Produktivität und Effizienz steigern. Der Schlüssel liegt in klaren Rollen, eindeutigen Verantwortlichkeiten und gut abgestimmten Prozessen.

    Wer seine vorhandenen Ressourcen sinnvoll einsetzen möchte, sollte sich fragen: Ist für jede Aufgabe klar geregelt, wer sie übernimmt und mit welcher Entscheidungskompetenz? Sind Aufgaben, Befugnisse und Verantwortung sinnvoll aufeinander abgestimmt? Wenn Mitarbeitende wissen, was sie tun dürfen, wofür sie zuständig sind und welche Wirkung ihre Arbeit hat, handeln sie zielgerichteter und selbstbewusster. Gleichzeitig werden Führungskräfte entlastet und operative Abläufe stabilisiert.

    Klare Strukturen schaffen Orientierung. Und sie schützen vor Überforderung. Gerade in wachsenden oder stark belasteten Unternehmen können sie der entscheidende Hebel sein, um die Leistungsfähigkeit zu sichern.

    Verbesserung beginnt im Kleinen

    Es geht nicht darum, das gesamte Unternehmen auf einen Schlag umzubauen. Oft genügt es, einen konkreten Engpass anzugehen und Prozesse Schritt für Schritt zu hinterfragen. Gibt es regelmäßige Abstimmungen, die zu viel Zeit binden? Dann kann ein einfaches, standardisiertes Format helfen. Werden Aufgaben doppelt erledigt oder unnötig oft kontrolliert? Dann lohnt sich ein Blick auf die dahinterliegenden Strukturen.

    So entsteht ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, der Fortschritt bringt, ohne das Team zu überlasten. Mit jeder kleinen Verbesserung steigt die Effizienz. Gleichzeitig gewinnt das Team Vertrauen in das eigene Veränderungspotenzial.

    Fazit: Struktur schafft Zukunft

    Eine starke Nachfolgegeneration und ein stabiles Unternehmen entstehen nicht zufällig. Sie wachsen dort, wo Prozesse sinnvoll gestaltet und Rollen eindeutig definiert sind. Wer den Mut hat, bestehende Muster zu hinterfragen und Verantwortung wirklich zu übergeben, legt den Grundstein für nachhaltigen Erfolg. Das gilt besonders in herausfordernden Zeiten.

    Warten Sie nicht auf den perfekten Moment. Starten Sie dort, wo heute bereits Reibung entsteht. Kleine aber konsequente Schritte genügen.